Bergfahrt

Ein kleines, dünnes Bändchen aus der Bibliothek Suhrkamp. Ich erinnere mich nicht mehr wie es in unsere Sammlung gekommen ist. Ein Geschenk? Von wem? Das Bändchen war ungelesen. Des Leseband noch so eingelegt wie es vom Verlag ausgeliefert worden ist. Aber jemand hatte es schon einmal geöffnet, denn ein Tippfehler auf Seite 21 wurde von jemandem mit Bleistift korrigiert. Ich habe es zum ersten Mal gelesen. Tags davor habe ich die brilliante Biographie von Ulrich Weber über Dürrenmatt zu Ende gelesen. Ludwig Hohl wird dort ein paar Mal erwähnt. Ein Aussenseiter sei er gewesen, verkannt, Nischenautor, Geheimtipp. Und doch wurde er bei Suhrkamp verlegt. Weil ich anderes suchte, stolperte ich über das Bändchen – ah, wir haben sogar Hohl. Ich nahm es, begann zu lesen. Ich wusste nichts darüber, ausser eben mein Interesse. Die Sprache ist herrlich. Die Erörterung, wann Abgründe gefährlich sein mögen, ist wunderbar. Aus dem Flugzeug wirke alles wie eine Landkarte, da macht es kaum Angst, dass man tausende von Metern über der Erdoberfläche sei. Aber schon wenige Meter in einer auswegslosen Situation schüren Angst. Und ich wusste auch nicht wie die Geschichte endet. Und doch begann ich zu erahnen, dass trotz der krätigen Sprache nichts zum Guten kommen wird. Eine Leistung. Schon lange hat mich ein kurzer Text von nur ca. 90 Seiten so fasziniert. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, dem eine Geschichte erzählt wird. Dieser Zauber.

Buch "Bergfahrt" von Ludwig Hohl

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